Thomas Pynchon – Natürliche Mängel

Nachdem „Gegen den Tag“ zu meinen absoluten Literatur-Highlights zählt und mich auch „Mason & Dixon“ durch die vollkommen aberwitzigen Zwischengeschichten über Enten und andere Fantasien gut unterhalten konnten, wagte ich mich an ein weiteres Werk von Thomas Pynchon, diesmal den aktuellsten Roman „Natürliche Mängel“.Zunächst war ich verwirrt aufgrund des Umfangs, welcher mit nur etwa 470 Seiten im Vergleich zu den sonstigen Wälzern von Pynchon geradezu lächerlich ist, aber Umfang allein ist mit Sicherheit kein Qualitätsmerkmal, daher also rasch zum Inhalt.

Schauplatz des Romans ist die kalifornische Westküste in den 70er Jahren, größtenteils L.A. und Umgebung. Unser Hauptprotagonist ist Larry, von Beruf ein mehr oder weniger ehrgeiziger Privatdetektiv, der aufgrund vergangener Ereignisse von allen nur Doc genannt wird.

Die Geschichte entwickelt sich meiner Ansicht nach genau wie die Art von Kriminal-Roman, um die ich sonst einen großen Bogen mache, und hätte nicht wenigstens auf einigen Seiten das schreiberische Talent Pynchons durchgeblickt, welches sich immer wieder in extrem detaillierten Beschreibungen der Szenerie, den stellenweise sehr langen Sätzen und dem raffinierten Umgang mit den Wörtern widerspiegelt, wäre das Buch vermutlich sogar auf meinem noch recht kleinen Stapel von unbeendeten Büchern gelandet. Das Hauptproblem ist hier, dass schlichtweg zu wenig passiert. Doc stolpert von einem Joint zum anderen, von einer Frage zur nächsten, begibt sich auf die Suche nach reichen, aber verrückten Bauunternehmern, tätowierten Nazis und Knastbrüdern, die im Knast ihre Vorliebe für das eigene Geschlecht entdeckt haben. Er trifft auf dauerbekiffte Hippies, verführerische Ex-Freundinnen, einen wiederauferstandenen Toten, einen herablassenden und dennoch stets alles im Blick behaltenden Cop und einige andere zwielichtige Gestalten, deren genaue Bedeutung nie so ganz klar wird, sodass man am Ende fast mehr Fragen hat als zu Beginn. Auch die vielen Reminiszenzen an die Musik der damaligen Zeit sorgte bei mir eher für Langweile, was zwar durchaus daran liegt, dass ich einer anderen Generation angehöre und dies bei älteren Leser vielleicht die ein oder andere Erinnerung hervorrufen könnte, für meine eigene Bewertung jedoch eine eher negative Rolle spielt.

Nun mag dies durchaus beabsichtigt sein, damit man sich seine eigenen Gedanken dazu macht, aber Pynchon schafft es hier für meine Begriffe nicht, eine Geschichte zu erfinden, die mich in ihren Bann zieht, mich fesselt und dafür sorgt, dass ich noch Stunden nach einem Kapitel über die Bedeutung nachdenke, vielmehr ist es so, dass mir die Personen egal sind, sobald ich das Buch aus der Hand gelegt habe und es immer eine gewisse Dauer erfordert, bis sie bei Wiederaufnahme zurück ins Gedächtnis gewandert sind. Zugegeben, auf den letzten 100 Seiten kam tatsächlich so etwas wie Spannung auf, das Tempo zog ein klein wenig an, aber dennoch war es der bisher mit Abstand enttäuschendste Roman von Thomas Pynchon, den ich gelesen habe.

Persönliche Bewertung: 5/10 Punkten!

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